Prozentuale (Pflicht) Vorgaben für Energieeinsparungen an der TH Wildau und FH Potsdam.
Die Technische Hochschule Wildau und die Fachhochschule Potsdam geben auf Ihren Webseiten an eine prozentuale Energiesparvorgabe einhalten zu müssen.
Bei der TH Wildau sind 30% einzuhalten, bei der FHP 20%.
Wir haben nachgefragt und: Eine solche verpflichtende prozentuale Vorgabe gibt es nicht! Sie ist ausschließlich selbst auferlegt.
⚡ Vorbemerkung
Auch wir sind der Auffassung, dass wir soviel Energie einsparen sollten wie möglich. Ganz unabhängig davon, wie die Beschaffungslage an Energie ist oder wie geopolitische Geschehnisse diese beeinflussen. Der bewusste und nachhaltige Umgang mit unseren Ressourcen ist auch uns wichtig.
🏛️ TH Wildau
Die TH Wildau macht über ihre Webseite folgende Angaben:
Immer unter Verweis auf eine Autorität (Autoritätsargument), hier die oberste Dienstbehörde (MWFK) und das Brandenburger Kabinett, wird eine verpflichtende Zielvorgabe von 30% Energieeinsparung propagiert.
🏛️ FHP
Die FHP schreibt auf Ihrer Webseite
Unter der Überschrift Vorgaben von Bund und Land (Autoritätsargument) wird angegeben, dass das Kabinett eine verpflichtende Zielvorgabe von 20% Energieeinsparung festgelegt hätte.
🏢 Das Brandenburger Kabinett
Wir fragten beim Brandenburger Kabinett nach und lernten viel über dessen Arbeitsweise.
Dem Kabinett werden durch zuarbeitenden Ministerien sogenannten Kabinettsvorlagen (KV-IrgendEineNummer) zugereicht. Diese berät das Kabinett und “beschließt” daraufhin bestimmte Sachverhalte. Diese “Beschlüsse” werden dann nicht wie von uns vermutet extra erlassen und mit einer Beschlussnummer versehen, sondern als Pressemitteilungen herausgegeben.
Diese Pressemitteilung ist hier zu lesen.
Auch wenn sehr plakativ mit den prozentualen Angaben umgegangen wird, zeigt der Text doch deutlich, dass es sich nicht um eine Vorgabe handelt, sondern um eine erwartete Einsparung aufgrund einer Schätzung. Tatsächlich eine Schätzung, die von 15%-20% reicht und mit eventuellen weiteren Maßnahmen nochmal 8%-10%.
⁉️ Woher kommen die Prozentangaben?
Nun wollten wir wissen, woher diese prozentualen Schätzungen denn kommen und welche Daten diesen zugrunde liegen. Wir fragten nach und das für die Schätzung verantwortliche BLB antworte uns.
Das BLB rechnete mit, wie es selbst sagt: “handelsüblichen” Rechenwerten, die es auf seine 300 Liegenschaften mit 1000 Gebäuden angepasst hat:
- 1° C Temperaturverringerung der Raum-/ bzw. Vorlauftemperatur Warmwasser erbringt rechnerisch bis zu 6 % Einsparung an eingesetzter Primärenergie im Heizbetrieb.
- 3-5 % Energieeinsparung wird erzielt, wenn das tägliche Heizfenster, jenseits der Nachtabsenkung um 1 Stunde verringert werden kann.
Dabei musste es auch Annahmen über bisheriges Heizverhalten machen, die es nicht prüfen konnte und räumt dies auch offen ein und verweist daher auf den recht groben Charakter dieser Schätzungen.
Besonders spannend auch die Aussage:
“Bei den Angaben handelt es sich selbstverständlich um interpolierte Annahmen, für den gesamten Bereich der bewirtschafteten Liegenschaften angepasste Zahlen. Es handelt sich also um “mögliche” Einsparungen.”
Dies widerspricht der Pressemitteilung des Kabinetts, wonach die genannten Einsparungen pro Liegenschaft erreicht werden könnten und nicht wie das BLB hier angibt als Durchschnitt über alle Liegenschaften.
🏢 Die oberste Dienstbehörde
Auch beim MWFK als oberste Dienstbehörde der Hochschulen fragten wir nach.
Recht eindeutig und auch gleich ein möglicher Erklärungsversuch, was die Situation mit den vorgeblich verpflichtenden prozentualen Angaben hervorgerufen haben könnte.
❕ Was sagen die Hochschulen
Nachdem wir nun recherchiert hatten, das sowohl das MWFK als auch das Kabinett keine verpflichtenden prozentualen Einsparungen beschlossen hatten, fragten wir die TH Wildau und FHP.
Nach erneutem hartnäckigem Nachfragen räumte die FHP ein:
“Aktuell sind keine Unterlagen bekannt, welche eine Unterschreitung der 20% mit Restriktionen versieht.”
und die TH Wildau:
“Eine auf die Erreichung des Einsparziels von explizit 30 % gerichtete Anordnung des MWFK existiert nicht.”
Sofern man sich den gesamten Anfrageverlauf an die Hochschulen durchliest, ist erkennbar, dass es sich um selbst gesteckte Ziele handelt.
Es ist nicht unüblich, solche selbstgesteckten Ziele öffentlich unter Bezug auf Autoritäten als verpflichtend darzustellen, also keine Wahl zu haben. Denn dann ist man immer auf der sicheren Seite.
Verfehlt man die Ziele der vorgeblichen! Obrigkeit, war man selbst nicht Schuld, man hat ja alles getan was möglich war und die Obrigkeit verlangte deren Erreichung ja sowieso nicht.
Erreicht man die viel zu hohen Ziele jedoch, kann man sich den Verdienst selbst zurechnen. Das geht auf Kosten der Mitglieder der Hochschule, die unter solchen Studien- und Arbeitsbedingungen eventuell ganz unnötig leiden müssen.
🏁 Fazit
Es ist nicht das erste Mal, dass die vorgeblichen Autoritätsargumente von Hochschulen sich bei genauerer Betrachtung in Luft auflösten. So gaben die BTU Cottbus und TH Wildau an, bei Beginn der Pandemie innerhalb von 24h Meldungen an das Gesundheitsamt abgeben zu müssen, was nicht den Tatsachen entsprach und beide Hochschule auch letztlich einräumten.
Wir empfehlen einen wachsamen Umgang mit Behauptungen dieser beiden Hochschulen, sofern diese sich auf Aussagen von Autoritäten stützen, denen sie vorgeblich nur Folge leisten.