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500 € für eine Handvoll Wörter.

Auch die Hochschule Düsseldorf wurde von uns befragt, ob sie andere WLAN Signale mithilfe von Deauth-/ Deassociationpaketen stört.
Sie übermittelte eine 52 Worte “lange” Antwort in 3 Sätzen und wollte dafür den Maximalsatz von 500€ haben. Also ca. 10€ pro Wort.

Wir (mithilfe von FdS) machten Gebrauch vom Rechtsstaatsfeature Klage.

🕑 2 Monate bis zur Antwort

Am 28.10.2019 stellten wir die Anfrage und erhielten einen Monat später zumindest eine Eingangsbestätigung und einen weiteren Monat später eine Auskunft.
Die Hochschule schrieb uns:

“Die Hochschule Düsseldorf hat großen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Rogue Access Point Containment, das z.B. im Bereich der Randbebauung angrenzende, legitime WLANs unbrauchbar machen könnte. Insofern kann eine solche Maßnahme Rechte Dritter verletzen.
Die WLAN Systeme sind folglich nicht so eingestellt, dass andere WLAN Signale mithilfe von Deauth-/ Deassociationpaketen gestört werden.”

um dann den Gebührenhammer fallen zu lassen:
“Gem. § 11 I S. 1 IFG NRW, § 1 VerwGebO IFG NRW 1.3.2 Gebührentarif setze ich die Kosten aufgrund des umfangreichen Verwaltungsaufwands auf 500 € fest. Es mussten 4 Organisationsbereiche der Hochschule mit dieser Anfrage befasst werden. Insgesamt wurden Beschäftige des höheren Dienst mit 8 Stunden mit einem Gebührensatz i.H.v. 84 €/Stunde nach dem Runderlass des Innenministeriums (Richtwerte für die Berücksichtigung des Verwaltungsaufwandes bei der Festlegung der nach dem Gebührengesetz für das Land Nordrhein-Westfalen zu erhebenden Verwaltungsgebühren RdErl. d. Ministerium des Innern des Landes NRW v. 17. 4. 2018 — 14-36.08.06 —) beschäftigt.”

Es war die einzige befragte Hochschule in ganz Deutschland, die eine solche Kostenrechnung eröffnete, obwohl wir zuvor um Mitteilung baten, sollten sich Kosten ergeben.

⚖️ Rechtsstaat to the Rescue

Der nun übliche Weg, wenn man mit solchen Gebühren nicht einverstanden ist, ist ein Widerspruch in der Hoffnung, die Behörde denkt um.
Dieses sogenannte Vorverfahren soll auch dazu dienen, dass Gerichte entlastet werden. Leider gibt es dieses in NRW nicht.
Es kann und muss innerhalb von 4 Wochen Klage eingelegt werden. So auch geschehen durch uns (mithilfe von FdS) am 03.01.2020 erfolgt.

Dann ging es los mit Corona und alles dauerte eben etwas länger.

💰 Wo entstanden die Kosten?

In ihrer Klageerwiderung vom 28.01.2020 gibt die Hochschule auch an, wie genau und bei wem die Kosten entstanden sind.
Aus den Unterlagen geht hervor, dass sich das Justitiariat über unser Forschungsprojekt informiert hat.
Am 05.12.2019 verschickt es einen Vermerk an 6 weitere Personen mit bitte um Zustimmung und schreibt:
"…hat folgende Anfrage nach dem IFG NRW an die HSD gestellt. Die Hochschule Düsseldorf ist verpflichtet, diese Anfragen beantworten. Bei vielen Hochschulen in Deutschland werden ähnliche Anfragen gestellt und die Antworten auf https://www.meinehochschulebehindertdaswlan.de veröffentlicht. Mit dieser Antwort kommt die Hochschule einerseits ihrer Informationspflicht nach dem IFG NRW nach, ohne die IT-Sicherheit der Hochschule zu gefährden oder Betriebsgeheimnisse oder personenbezogene Daten preiszugeben."

Für Abstimmungen in persönlichen Gesprächen und Telefonaten benötigten die Organisationseinheiten laut Gerichtsakten die folgenden Zeiten:

Organisationseinheit Aufwand in Stunden
CIT 3
Justitiariat 2
Datenschutz 1
Informationssicherheit 2

Dann war sehr lange Ruhe. Soweit wir wissen, haben die Anwälte im Hintergrund ab und zu telefoniert, jedoch ohne weitere Fortschritte zu erreichen.

📜 Das Gericht äußert sich… fast 2 Jahre später

Am 08.09.2021, also fast 2 Jahre nach dem Beginn unserer Anfrage äußert sich das Gericht zur Sache. Allerdings ziemlich deutlich

  1. Falsche Auswahl des Gebührentarifs
    “Vorliegend ergeben sich erhebliche rechtliche Bedenken hinsichtlich der festgesetzten Gebühr bereits daraus, dass die Beklagte bei der Bemessung der Gebühr einen unzutreffenden Tatbestand des Gebührentarifs zugrunde gelegt haben dürfte. Denn die sowohl im Bescheid vom 5. Dezember 2019 als auch in diesem Verfahren angegebene Ziffer 1.3.2 des Gebührentarifs betrifft die Gebührenerhebung für die Ermöglichung der Einsichtnahme in Akten und sonstige Informationsträger (vgl. Ziffer 1.3 des Gebührentarifs) bei umfangreichem Verwaltungsaufwand. Eine Einsichtnahme in Akten oder sonstige Informationsträger ist der Klägerin jedoch nicht ermöglicht worden. Damit dürfte die Beklagte ihren Überlegungen zur Festsetzung der Gebühr im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens bereits eine falsche Grundlage zugrunde gelegt haben.”

  2. Keine ausschließliche Basis auf Zeitaufwand
    “Die gebührenerhebende Behörde hat dabei in Ausübung ihres Ermessens die vom Gebührentatbestand erfassten Amtshandlungen innerhalb des vorgegebenen Gebührenrahmens als einfache, mittlere oder aufwendige Fälle einzuordnen.
    Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe dürfte die festgesetzte Gebühr ermessensfehlerhaft sein. Zum einen spricht Vieles dafür, dass die Beklagte die Rahmengebühr wie eine Zeitgebühr behandelt hat, was nicht dem Zweck der Norm entsprechen dürfte.”

  3. Zur Begründung von Höchstgrenzen reichen Tabellen nicht aus
    “Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe dürfte die Beklagte Umstände, die es als zulässig erscheinen ließen, den Gebührenrahmen voll auszuschöpfen, nicht hinreichend dargelegt haben. Hierzu dürften die im Verwaltungsvorgang befindliche tabellarische Übersicht mit der bloßen Angabe des Aufwandes in Stunden der einzelnen Organisationsbereiche und der pauschale Hinweis auf erforderliche Abstimmungen in diesem Verfahren nicht ansatzweise ausreichen.”

Solche gerichtlichen Tendenzäußerungen sind Teil des Prozesses. Sie gestatten es den Prozessbeteiligten einzuschätzen, wo sie aktuell stehen und bleiben auch von gerichtlichen Überraschungen verschont.
Bei einer wie hier gelagerten Sachlage, entschied sich die Hochschule dafür den Kostenbescheid einzukassieren, die Sache für erledigt zu erklären und die Kosten des Verfahrens zu übernehmen.

Damit hatten wir alles unsere Forderungen durchgesetzt und das Verfahren wurde beendet.

🏁 Fazit

Nicht alles kann als Kosten geltend gemacht werden. Selbstverständlich muss die Behörde im Rahmen des IFG auch arbeiten. Es war jedoch durch den Gesetzgeber intendiert, dass diese neue Aufgabe Teil der Staatsdienenden sein soll.
Wenn wie hier eine Behörde sogar die Wünsche nach einer Kostenschätzung ignoriert und dann auch noch den Höchstsatz verlangt, dann sehen wir das schon als einen Versuch der Abschreckung für uns und andere, seine Rechte im Rahmen des IFG wahrzunehmen.
Wir gehen davon aus, dass keiner der hier Beteiligten persönliche Konsequenzen zu tragen hatte. Ebenso gehen wir nicht davon aus, dass sich die Hochschule mit Weiterbildungen oder Handreichungen dem IFG stärker verpflichtet fühlt.
In keinem der Schreiben der Hochschule kommt ein Bedauern oder eine Entschuldigung zum Ausdruck.
Somit hat auch hier die Gesellschaft mehrfach bezahlt. Zum einen das Gericht, dann der Aufwand, den die Hochschule in dieses Verfahren stecken musste und letztlich die dadurch fehlenden Ressourcen für andere Gerichtsverfahren oder die Studierenden und Mitarbeitenden der Hochschule.